Leserbrief vom 17. Mai 2022
Am Dienstag, den 17. Mai, wurde mal wieder – in den Worten des angesprochenen Polizisten – eine „verkehrserzieherische Maßnahme“ in der Innenstadt durchgeführt. Wobei in dieser Lesart die Strafe (Bußgeld) wohl das Erziehungs-Mittel der Wahl ist.
Zufällig anwesend, konnte ich eine Beobachtung machen: Während bei einer Radfahrerin mit Einkaufstaschen die Personalien aufgenommen wurde, durfte ein Kfz-Lenker nach einem kurzen Gespräch unbehelligt durchfahren. Ich habe die eingeteilten Beamten darauf angesprochen. Eine kontroverse aber freundliche Diskussion folgte. Dafür möchte ich mich bei den Beamten bedanken.
Laut der Beamten habe der Kfz-Lenker „berechtigte Interessen“ gehabt. Als Radfahrer frage ich mich, wie es sein kann, dass hier die Interessen von Autofahrern in der Fußgängerzone (sic!) berechtigter sind als diejenigen der Radelnden. Die vorgebrachte Begründung des Kfz-Lenkers, dass er als nicht ortskundiger ein Päckchen abliefern musste, ist scheinbar ein berechtigteres Interesse als die täglichen Besorgungen in der Innenstadt. Daraus folgt dann auch die Frage, ob hier nicht mit einer gewissen Willkür Bußgelder gegen bestimmte Verkehrsteilnehmer*innen verhängt werden. Ob im Sinne der Gleichbehandlung juristisch den einen Interessen größere Berechtigung zugesprochen wird, möchte ich bezweifeln.
Darüberhinaus erscheint es mir höchst fragwürdig, dass trotz und gegen die leider unvollständige politische Entscheidung, den Löwenplatz für den Radverkehr freizugeben, dort mithilfe der Polizei regelmäßig Kontrollen durchführt werden. Die Gründe für eine Freigabe sind bekannt: Genug Platz für eine respektvolles Miteinander ist vorhanden, so dass die Durchfahrt der Radelnden zu den Fahrradständern am Café Museum bzw. neben dem Kaufland ermöglicht werden kann. Dagegen finde ich es persönlich absolut gerechtfertigt, das Durchfahrtsverbot für die Karlsstraße beizubehalten, da es hier wirklich eng ist und es wichtig ist, dass Gastronomie und Einzelhandel gebührenden Raum erhält.
Eine letzte Bemerkung: Im Nachgang dieser Maßnahmen werden Radfahrende in Pressemitteilungen und Kommentaren meist zu Verkehrsrowdies erklärt. Schön wäre eine differenzierte Berichterstattung. In der Regel handelt es sich doch um Seniorinnen oder Eltern auf dem Weg zu den täglichen Besorgungen, die laut Aussage des Beamten auch meist im „Schritttempo“ unterwegs sind. Gleichzeitig muss auch erwähnt werden, dass es eben nicht nur die Radfahrerinnen und Radfahrer sind, sondern während des Beobachtungszeitraum gleich drei Autofahrerinnen – mit oder ohne Berechtigung? -, die durch die Fußgängerzone fahren.